Sind Immobilien wirklich „unser“ Eigentum - oder sind wir nur Gäste auf Zeit?

Veröffentlicht am 16. Oktober 2025 um 12:02

Häuser überdauern Generationen. Menschen kommen, gehen - und nennen sie für kurze Zeit ihr Eigen. Vielleicht sind wir jedoch keine Eigentümer:innen, sondern nur Gäste auf Zeit. Wir füllen Räume mit Leben, Erinnerungen und Stimmen - doch irgendwann verstummt das Echo und jemand Neues tritt ein. Alles was dann bleibt, sind Spuren, Geschichten und ein Hauch von uns zwischen den Wänden.

Wir sprechen so selbstverständlich vom Eigenheim. Von „meinen vier Wänden“, „meinem Haus“, „meinem Zuhause“.

Wir unterschreiben Verträge, tragen uns ins Grundbuch ein, investieren Herzblut, Zeit und Geld. Und doch: Wie eigen ist ein Eigenheim wirklich? Wenn wir ehrlich sind, standen die meisten Häuser, die wir heute bewohnen, schon lange bevor wir sie betraten. Und viele werden vermutlich auch dann noch stehen, wenn unsere Namen längst verblasst sind. Menschen zogen ein und aus, lachten, weinten, liebten - und gingen. Zurück blieb das Haus. Ein stiller Zeuge unzähliger Geschichten, ein Gefäß voller Erinnerungen, das sich immer wieder neu füllt. Vielleicht gehört uns eine Immobilie nie wirklich. Vielleicht dürfen wir sie nur eine Zeit lang bewohnen - ähnlich wie ein Buch, in das wir für ein paar Kapitel hineinschreiben dürfen. Ein Zuhause ist dann kein Besitz, sondern eine Partnerschaft. Ein stilles Versprechen auf Zeit.

Das Zuhause als Spiegel unserer Lebensabschnitte

Jede Wand trägt Spuren: den ersten Nagel für das Lieblingsbild, den Kratzer vom Umzug, die verblasste Stelle, wo einmal das Kinderbett stand. Wir nennen es Abnutzung - doch vielleicht ist es auch einfach nur eine Erinnerung!?

Das Haus altert mit uns. Es erzählt, auch wenn wir schweigen. Wie viele Lichter haben in diesem Wohnzimmer schon gebrannt? Wie viele Abende voller Stimmen, Musik, Stille? Wir verändern Räume - aber verändern sie nicht auch uns? Ein Haus ist nie nur Stein, Glas und Holz. Es ist Bühne, Schutzraum, Resonanzkörper. Und ja, manchmal spüren wir, dass Wände uns zuhören, wenn wir durch schwere Zeiten gehen. Dass sie uns in ihrem Schweigen verstehen.

Sind wir Besitzer:innen - oder Hüter:innen?

Wenn wir das Thema aus einer anderen Perspektive betrachten, stellt sich vielleicht eine ganz andere Frage: Besitzen wir Immobilien wirklich - oder dürfen wir sie nur eine Zeit lang begleiten? Was, wenn Häuser und Wohnungen uns nicht gehören, sondern wir für eine Weile nur ein Teil ihrer Geschichte werden? Wenn jedes Zuhause nur durch unsere Präsenz weiterlebt - so wie ein Garten nur blüht, weil sich jemand um ihn kümmert? Dann wären wir vielleicht weniger Eigentümer:innen, sondern eher Hüter:innen auf Zeit. Menschen, die für einen Moment Verantwortung tragen dürfen für einen Ort, der größer ist als sie selbst. Und vielleicht liegt genau darin der wahre Wert von Eigentum: Nicht im Besitzen, sondern im Dazugehören. Zu einer Geschichte, die vor uns begann - und auch nach uns weitergeht. Ein Ort, den uns das Leben anvertraut, um darin zu wachsen, zu lieben, zu lernen. Ein Raum, in dem wir ein Stück unserer Seele hinterlassen. Und wenn wir eines Tages weiterziehen, bleibt ein leiser Abdruck von uns zurück - unsichtbar, aber spürbar für jene, die nach uns kommen.

Wir kaufen keine Häuser. Wir kaufen Zeit, Räume, Möglichkeiten. Wir mieten ein Stück Geschichte - und hinterlassen unsere eigene. Und vielleicht ist das, was wir „unser Zuhause“ nennen, gar nicht mein oder dein, sondern einfach ein Ort, an dem das Leben kurz innehält - bevor es weiterzieht.

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