Der Kugelschreiber und die Illusion des wahren Wertes – eine Reflexion über Immobilienpreise

Veröffentlicht am 22. März 2025 um 20:11

Viele Immobilien werden nicht nach ihrem tatsächlichen Marktwert angeboten, sondern nach den finanziellen Vorstellungen der Verkäufer:innen – oft geprägt von persönlichen Plänen. Dieser Artikel beleuchtet, wie subjektive Erwartungen den Immobilienmarkt beeinflussen und warum Marktmechanismen letztlich über den tatsächlichen Preis entscheiden.

Die Chance eines realistischen Preises

Stellen Sie sich vor, Sie besitzen einen einfachen Kugelschreiber. Er liegt schon lange in Ihrer Schublade, hat seine besten Tage hinter sich, schreibt vielleicht nicht mehr ganz flüssig, aber er erfüllt seinen Zweck. Nun beschließen Sie, ihn zu verkaufen – nicht etwa, weil er Ihnen nichts mehr wert ist, sondern weil Sie sich ein edles Montblanc-Stiftset zulegen möchten. Doch anstatt den Kugelschreiber für einen realistischen Preis anzubieten, setzen Sie ihn für eine überzogene Summe an – denn schließlich brauchen Sie das Geld für Ihr neues Set, oder?!

Wer wird diesen Preis bezahlen? Wer wird den Wert, den Sie dem Stift zuschreiben, teilen? Wahrscheinlich niemand. Denn der Wert eines Gegenstandes bemisst sich nicht daran, was wir uns davon erhoffen oder welche zukünftigen Investitionen wir damit tätigen wollen, sondern daran, was er für die potenzielle kaufende Person tatsächlich bedeutet.

Diese Analogie lässt sich problemlos auf den Immobilienmarkt übertragen. Viele verkaufende Personen setzen den Preis für ihre Immobilie nicht anhand ihres tatsächlichen Werts oder dessen, was der Markt bereit ist zu zahlen, sondern anhand dessen, was sie selbst mit dem Erlös vorhaben. Vielleicht soll eine größere Immobilie erworben werden, vielleicht geht es um eine Anschlussfinanzierung oder die Erfüllung eines lang gehegten Traums. Der Preis wird also nicht durch die Realität des Marktes definiert, sondern durch die persönlichen Pläne der verkaufenden Person – und die Erwartung, dass jemand anderes für diese Pläne aufkommt.

Doch eine Immobilie hat ihren Wert nicht deshalb, weil sie für die verkaufende Person einst teuer war oder weil sie als Sprungbrett für eine neue Investition dient. Ihr Wert bemisst sich an Lage, Zustand, Nachfrage und dem, was potenzielle Käuferinnen und Käufer tatsächlich bereit sind zu zahlen. Und hier entsteht oft eine Kluft zwischen Wunsch und Realität: Ein Preis, der sich an der nächsten Immobilie orientiert, statt an der aktuellen, stößt schnell auf Ablehnung – denn niemand möchte für die Zukunftspläne anderer aufkommen.

Wunschpreis vs. Marktwert: Eine gefährliche Diskrepanz

Es lohnt sich daher, den eigenen Preisansatz zu hinterfragen. Verkaufen wir unsere Immobilie zu einem fairen, realistischen Preis, oder setzen wir ihn künstlich hoch, weil wir glauben, unser nächster Wohntraum rechtfertige dies? Eine überhöhte Preisvorstellung führt oft dazu, dass eine Immobilie lange auf dem Markt bleibt, Besichtigungen folgen ohne ernsthafte Angebote, und am Ende eine schrittweise Senkung des Preises notwendig wird – während wertvolle Zeit verloren geht.

Vielleicht fällt es nicht immer leicht, sich bewusst zu machen, dass Immobilien nicht danach bewertet werden, was wir mit ihrem Verkauf erreichen möchten, sondern danach, welchen realen Wert sie für die kaufende Person haben. Wer dies versteht, schafft eine faire Basis für beide Seiten und erleichtert sich selbst den Verkaufsprozess – statt in einer Illusion zu verharren, die den wahren Marktwert aus den Augen verliert. Ein bewusster, wohlüberlegter Verkauf kann nicht nur finanziell erfolgreich sein, sondern auch ein gutes Gefühl hinterlassen: das Wissen, dass man nicht nur für sich selbst, sondern auch für andere eine sinnvolle Entscheidung getroffen hat.

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